86 Krieg und Frieden – 16. bis 19. Jahrhundert · 17 · Goldabschlag eines Talers auf die Gefangennahme von Heinrich von Braunschweig 1545 • Goldlegierung • Gewicht: 16,496 g • Durchmesser: 51,2 mm • Stempelstellung: 12 h Vs: Ganzfigurige Darstellung von Philipp, Johann Friedrich und Moritz in voller Rüstung, je gestützt auf einen Wappenschild; Umschrift: .IVSTVS.N.[R]ELINQ. Über den Köpfen in Spruchbändern: PHILIPVS. / IOH:ANZFRIDE / MAVRITZ Rs: Fünfzehnzeilige Schrift; Umschrift: .DES.21. / OCTOBRIS.ANNO / 1545.WARD.HERTZO / G. HANNRICH.V.BRVNS. / MIT.SEINEM.SON.KARLL. / BEI.BOCKOLOM.DVRCH.DI. / KRISTLICHE.BVNTZ.OBERST. / LANTGRAF.PHILIPS.VAN.H / ESSEN.BEISEIN.HERTZOG. / MORITZ.VAN.SACHSEN. E. / MIT.GROSER.HERES. KR / AFFT.ERLEGT.GEFFAN / GEN.VND.GEN. / KASSELL.GEF / VRT. Inventarnummer: MM-2020/151 Alte Inventarnummer: Soret VIII, 34 Provenienz: Am 18. Januar 1772 für das Großherzogliche Münzkabinett erworben aus dem Besitz von J. S. G. Lübeck aus Rastenburg [Rastenberg]. Literatur: Schlegel 1703, S. 78–79; Inventarium 1768–1773, S. 409; Tentzel 1714, Lin. Ern., S. 150–153, Nr. 12.II; Hoffmeister 1857, S. 97–98, Nr. 344; Röblitz 1990; (als Taler) Schnee 1982, S. 67, Nr. 124–128; (Talervarianten und Goldabschläge) Keilitz/Kahnt 2010, S. 290–293, Nr. 237–241 1542 hatte der Schmalkaldische Bund seinen wichtigsten militärischen Erfolg gefeiert, die Einnahme der Stadt Wolfenbüttel. Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1489–1568) war als einziger Landesherr eines größeren Fürstentums im Norden des Heiligen Römischen Reichs nicht zum neuen Glauben gewechselt, sondern hatte sich der katholischen Liga angeschlossen. Die protestantische Stadt Braunschweig gehörte zum Schmalkaldischen Bund und half bei der Eroberung des Herzogtums. Vergeblich versuchte Heinrich d. J. 1545, Wolfenbüttel zurückzuerobern und wurde dabei gefangengenommen. Die drei wichtigsten Führer des Bundes ließen sich dazu auf einer Gedenkmedaille abbilden – links Landgraf Philipp von Hessen, in der Mitte Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige von Sachsen und rechts sein Vetter, Herzog Moritz von Sachsen. Alle drei sind in einem Riefelharnisch als im Felde kämpfend dargestellt und sind sowohl durch ihre auf geschweiften Schilden gezeichneten Wappen zu identifizieren als auch durch ihre oben notierten Namen. Über die Deutung des lateinischen Spruchs spekulierte Wilhelm Ernst Tentzel: Er könnte sich entweder auf die Sieger beziehen als »Justus non relinquitur«, »Der Gerechte wird nicht verlassen«, eine Devise, die Heinrich auf seinen Münzen geführt hatte und nun von den Siegern vereinnahmt worden war, oder Spott gegenüber Heinrich als »Justus nunc relinquitur«, »der Gerechte wird nun verlassen«. Da die Münze in Silber als halber, einfacher oder mehrfacher Taler, also im Gewicht gängiger Münzen, ausgeprägt wurde, wäre sie prinzipiell als Zahlungsmittel denkbar gewesen. Eine Übernahme der Devise von Heinrich hätte im Zahlungsverkehr noch einmal die Machtübernahme bekräftigt. Allerdings sind zu wenige Exemplare überliefert, als dass ein massenhafter Gebrauch anzunehmen ist. Die Goldabschläge wurden offensichtlich nicht nach Dukatengewicht geprägt, sondern orientierten sich am etwas leichteren Goldgulden. Das Weimarer Exemplar entspricht fünf Goldgulden, was beispielsweise auch für einen gleich schweren Goldabschlag gilt, der sich heute in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden befindet (BGA1125). Daneben findet sich im Weimarer Münzkabinett noch ein Abschlag aus Silber zu zwei Talern (MM2020/152). Tatsächlich zeigt die Materialanalyse des hier gezeigten Stücks, dass der Goldgehalt rund 77 Prozent beträgt, wie ihn Goldgulden etwa seit 1500 aufwiesen – nicht die deutlich höheren 98,6 Prozent Feingehalt eines Dukaten. Die Rückseite der Prägung beschreibt das Ereignis der Gefangennahme und betont die militärische Leistung des Bündnisses – das damit zugleich seine Niederlage vorbereitet hatte. Aufgrund des Kriegs gegen Heinrich ächtete Kaiser Karl V. im Juli 1546 Johann Friedrich, und Moritz wechselte die Seiten, um nun mit dem Kaiser gegen seine ehemaligen Bundesgenossen zu kämpfen. 1547 sollte der Schmalkaldische Bund bei Mühlberg vernichtend geschlagen werden und sowohl Philipp als auch Johann Friedrich in Gefangenschaft geraten. Der Zeitpunkt des Erwerbs ist genau angegeben in dem zwischen 1768 und 1773 verfassten Inventarium mit dem Hinweis, dass der Preis von 15 Reichstalern mit einem Tauschgeschäft auf elf Reichstaler gemindert werden konnte: »Weil die den 1. Jun. 1770 von dem Goldschmidt Freund für 4 rth. gewechselte Medaille auf das Vicariat König August. III. 1745. weil sie sich schon im Medaillen Cabinet befindet, um diesen Preis wieder weggegeben worden, so sind diese 4 rth. mit zu diesem Goldstück angerechnet u. von der Cammer das übrige darzu bezalet [sic] worden.« Verkäufer war »J. S. G. Lübeck aus Rastenburg«, gemeint ist vermutlich das thüringische Rastenberg. SD
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