Leseprobe

250 Nach der Monarchie – nach 1918 · 94 · Medaille auf die Goethe-Gedenkfeier in Pößneck 1923 1923 • Porzellan • Gewicht: 15,311 g • Durchmesser: 46,5 mm • Stempelstellung: 12 h Vs: Kopfporträt Goethes nach links; Umschrift: GOETHE GEDENKFEIER 1923 * PÖSSNECK * Rs: Sternenkranz außen, innen siebenzeilige Inschrift, darunter die gekreuzten Meissener Schwerter; Umschrift: ACH! / WARUM / IHR GÖTTER IST / UNENDLICH ALLES / * / ALLES / ENDLICH / UNSER / GLÜCK NUR! Inventarnummer: MM-2022/10002 Alte Inventarnummer: Z 1089 Provenienz: Am 8. 6. 1926 erworben durch die Thüringische Landesbibliothek von der Müzhandlung Robert Ball Nachf. für 6,50 RM Literatur: Inventar Xl: Zuwachsverzeichnis 1917–2000, S. 58, Nr. 1089; Feder 2021 Die kleine Stadt Pößneck, auf halbem Weg zwischen Saalfeld und Neustadt an der Orla gelegen, zählte in der Goethezeit etwa ein Drittel der Einwohner Weimars. Hier hielt sich Goethe insgesamt 18 Mal auf, unter anderem auf der Durchreise in Richtung der Kurorte im damals österreichisch regierten Böhmen, heute westliches Tschechien. Sein bevorzugter Übernachtungsort war das Hotel Zum Goldenen Löwen, und Goethes Wirtsrechnungen haben sich bis heute im Goethe- und Schiller-Archiv erhalten. Eindrücke aus der Stadt verarbeitete Goethe in seinem Roman Hermann und Dorothea. Zusätzlich arbeitete er während eines Aufenthalts hier an dem – unvollendet gebliebenen – Festspiel Pandora. 1823 hielt er sich das letzte Mal in Pößneck auf. Seitdem blieb Goethe ein wichtiger Bezugspunkt für die kulturelle Identität des Ortes. Das einhundertjährige Jubiläum seines letzten Aufenthalts beging die Stadt mit einer zweitägigen Goethefeier am 8. und 9. September 1923 unter der Ägide von Hans Wahl (1885–1949), seit 1918 Direktor des Goethe-Nationalmuseums und später auch Direktor des Goethe- und Schiller-Archivs. Unter großem Menschenandrang enthüllt wurde eine Gedenktafel an dem Gebäude, in dem sich ehemals das Hotel Zum Goldenen Löwen befunden hatte. Außerdem sollten zu dem Anlass drei Medaillen herausgegeben werden, eine in Bronze und zwei in Porzellan. Als Künstler agierte Carl Ludwig Seffner (1861–1932), der in Leipzig an der Akademie der bildenden Künste studiert hatte. Ab 1916 verbrachte er seine Ferien am Rehmer See, am Rande von Pößneck gelegen, und war so eine naheliegende Wahl, als die Medaillen zur Ehrung geschaffen werden sollten. Er schuf zunächst eine Porträtbüste und eine Bronzemedaille mit großem Durchmesser, an der sich dann die weiße Porzellanmedaille mit Goldrand orientierte. So wie auch die Bronzemedaille trägt die Porzellanmedaille ein Zitat aus Goethes Pandora auf der Rückseite. Ästhetisch besonders reizvoll ist hier die Kombination aus dem glänzenden Gold und der unglasierten Oberfläche des milchig weißen, im Schatten bläulich erscheinenden Biskuitporzellans. Letzteres war insbesondere in der Goethezeit ein bevorzugtes Ersatzmaterial für Marmor, und die Medaille konnte so auf eine klassizistische Ästhetik zurückgreifen. Außerdem entwarf Seffner eine Bronzemedaille mit kleinerem Durchmesser. Dies erwies sich im Anblick von Produktionskosten als vorausschauend: Die geplante Auflage der großen Bronzemedaille war nicht möglich aufgrund der rasant steigenden Inflation, sodass sie in nur geringer Auflage erschienen. An den zwei Porzellanmedaillen entstand dagegen eine größere Auflage von je 3 000 Exemplaren, die unter anderem in Präsentetuis mit der kleinen Bronzemedaille vertrieben wurden. Die Porzellanmedaillen erschienen auch in anderen Materialkombinationen, nur in Biskuitporzellan ohne Goldauflage, in Biskuitporzellan mit grünem, rotem, blauem oder schwarzem Rand, in braunem Böttgersteinzeug oder in Böttgersteinzeug mit teilweise golden gefasster Oberfläche. 1932 wurde die Medaille erneut aufgelegt anlässlich von Goethes einhundertstem Todesjahr und das Datum in der Umschrift entsprechend auf »1932« aktualisiert. SD

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