Leseprobe

156 LOCHER CARL LOCHER Flensburg/DE 1851— 1915 Skagen/DK Carl Locher, in Flensburg als Sohn eines Schiffsporträtmalers geboren und in Kopenhagen aufgewachsen, führte nach dem Tod seines Vaters, der ihn auch anfänglich ausgebildet hatte, zunächst dessen Geschäfte fort. Früh unternahm er Reisen auf Schiffen der Königlich Dänischen Marine, so auch nach Dänisch-Westindien. Noch vor 1872, dem Jahr der Aufnahme seines Studiums an der dänischen Kunstakademie in Kopenhagen, das er vornehmlich bei den Marinemalern Carl Baagøe und Carl Neumann absolvierte, reiste er auf Anregung von Holger Drachmann nach Skagen. Bis 1875 war er dort regelmäßig im Sommer anzutreffen. In den Wintermonaten 1875/76, 1876/77 sowie 1878/79 studierte er in Paris vermutlich im Atelier von Léon Bonnat – er selbst bemerkte, dass für ihn das Studium von Seestücken im Louvre und im Musée national de la Marine in Paris wichtiger seien. Skagen wurde neben dem seeländischen Fischerort Hornbæk ein zentraler Arbeits- und Studienort. Neben der Malerei arbeitete er grafisch; er unterhielt eine eigene Radierschule in Kopenhagen. Die Voraussetzung hierfür hatte sein dreijähriges, vom dänischen Staat finanziertes Studium an der Berliner Kunstakademie bei Hans Meyer, Professor für Kupferstich, geboten. 1910, nachdem sich große wirtschaftliche Erfolge für ihn eingestellt hatten, erbaute er sich an Skagen Sønderstrand ein herrschaftliches Atelierhaus. Lit.: Voss, Knud: Die Maler des Lichts. Nordische Kunst auf Skagen, Weingarten 1995; Schmidt Hansen, Peter: Carl Locher, Birkerød 2010. Blick von der Küste bei Skagen bei Sonnenuntergang, 1902 bez. u. l.: Carl Locher, bez. u. r.: Skagen 1902 / Öl auf Leinwand / 28 × 42 cm Sammlung Familie Fielmann Abb. S. 73 Ruhige See am Hafen, undatiert bez. u. r.: C. Locher / Öl auf Holz / 23,5 × 33 cm Museum Kunst der Westküste Abb. S. 68 In seinen beiden kleinformatigen Seestücken erfasst Carl Locher das warme, abendliche Licht, das die Atmosphäre an den Küstenabschnitten bei spiegelglatter Meeresoberfläche erfüllt. Selbst auf den Segelbooten, die im Meer vor Anker liegen oder auf denen letzte Arbeiten vor beginnender Nacht verrichtet werden, scheint Stille eingekehrt zu sein. Die Werke strahlen eine große Ruhe aus – die kleinen Formate tun ein Übriges, um eine intime Zwiesprache mit dem Betrachter einzufordern.

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