Leseprobe

43 Aktiengesellschaft und Staatsbetrieb Nach dem Ersten Weltkrieg und stetig zunehmenden Absatzschwierigkeiten blieben in den links der Weißeritz gelegenen Revieren des Döhlener Beckens nur wenige Schächte der ehemals Königlichen, seit 1918 Staatlichen Steinkohlenwerke Zauckerode bestehen. Nach dessen Besitzübergang an die Aktiengesellschaft Sächsische Werke (ASW) fuhr man im Gebiet der 1921 gegründeten Stadt Freital aufgrund schlechter werdender Kohlequalitäten die Förderung vom ASW Steinkohlenwerk Freital stetig zurück und ließ Abbaufelder ungenutzt. Die Freiherrlich von Burgker Steinkohlenwerke stellten als letztes der rechts der Weißeritz gelegenen Bergwerke 1930 aus gleichen Gründen den Grubenbetrieb ein und brikettierten am Glückaufschacht nur noch zugekaufte Steinkohle. Beim ASW Steinkohlenwerk Freital schien 1934 auch das Gewinnungsende gekommen zu sein. Durch Aufgewältigung des 21. Lichtlochs des Tiefen Weißeritzstollns erreichte man jedoch nochmals ein bauwürdiges Kohlenfeld, dessen Abbau über die neuerrichtete Schachtanlage Niederhermsdorf den Werksfortbestand über den Zweiten Weltkrieg hinweg sicherte. Der nach Kriegsende verstaatlichte Grubenbetrieb unterlag anfangs wechselnden administrativen Zuordnungen wie der zur Industrieverwaltung Steinkohle Zwickau als Zweigbetrieb Freital, konnte jedoch mit den Schachtanlagen Niederhermsdorf und Döhlen nur geringe Brennstoffmengen fördern. Zur ausreichenden Versorgung von Freitals Industrie und Bevölkerung fehlte gleichzeitig die im Ergebnis der Nachkriegsordnung bis dahin aus den Revieren an Saar und Ruhr sowie aus Schlesien zugelieferte Steinkohle. Um die wachsende Brennstoffnachfrage des sich stabilisierenden Wirtschaftslebens decken zu können, erschloss man bisher vom Abbau unberücksichtigte Restkohle- oder Schachtsicherheitspfeiler und teufte in Burgk sowie in Zauckerode neue Schachtanlagen. Zur Steigerung der Kohlenförderung propagierte man 1948 staatlicherseits auch in Freitals Bergwerken am sowjetischen Vorbild orientierte Masseninitiativen. In deren Folge trugen die Schachtanlagen in Zauckerode und Döhlen zu Ehren der herausragenden Aktivisten Arthur Teuchert (1897–1952) und Paul Berndt (1900–1972) fortan deren Namen. Die Schachtanlagen der unter Dresdner Fluren 1950 erschlossenen Reviere Gittersee und Heidenschanze galten nach der absehbaren Erschöpfung der Freitaler Kohlenfelder als zukunftsfähige Produktionsorte. Mit Erreichen der Bauwürdigkeitsgrenzen stellte das Freitaler Steinkohlenwerk zwischen 1952 und 1959 nacheinander an den Betriebspunkten Burgk, Niederhermsdorf, Zauckerode und Döhlen die Förderung energetisch nutzbarer Steinkohle endgültig ein. Nachfolgend verlagerte der seit 1958 zu Ehren eines linksorientierten Politikers aus dem Ruhrgebiet zum VEB Steinkohlenwerk »Willi Agatz« umbenannte Bergbaubetrieb Belegschaft und Betriebsanlagen an den nordöstlichen Rand des Döhlener Beckens nach Dresden-Gittersee. Der jahrhundertealte Bergbau verließ damit die Stadt Freital, deren Fundamente er im 19. Jahrhundert mit Industrialisierung und Urbanisierung geschaffen hatte. JP Abb. 34 Plastischer Schmuck vom Grab des Freitaler Bergbau-Aktivisten Arthur Teuchert · Granit, 1952, DM-Nr. 08963961

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