9 Zu Füßen des weithin sichtbaren Windbergs erstreckt sich seit über 100 Jahren die Stadt Freital, die ihr Werden dem »Schwarzen Gold« der Steinkohlenlagerstätte im Döhlener Becken verdankt. Während man im osterzgebirgischen Dippoldiswalde schon im Hochmittelalter, später auch an Wilder Weißeritz und im Plauenschen Grund, erfolgreich Erzbergbau trieb, wurde der Steinkohlenbergbau im heutigen Freitaler Raum 1542 erstmals urkundlich fixiert. Mit diesem Abbauprivileg erteilte Herzog Moritz von Sachsen (1521–1553) dem auch in anderen Bergbaurevieren engagierten Unternehmer Hans Biener (Lebensdaten unbekannt) und dessen Gesellschaft das alleinige Recht auf die Gewinnung der zwischen Tharandt und (Dresden-)Plauen lagernden Steinkohlen sowie auch auf die zur Erzeugung von Alaunsalzen zielende Kohleverarbeitung. Dieses Schriftstück gilt zudem als erstes ordnendes Eingreifen des landesherrschaftlichen Fiskus in den bis dahin wenig beachteten Steinkohlenabbau. Die zu Zeiten Bieners als Zubehör des Ackerbodens geltende, nahe der Tagesoberfläche angetroffene Kohle wurde bergrechtlich nicht mit dem Erz als privilegiertem Eigentum des Landesherrn gleichgesetzt, sondern als dem Grundeigentümer zugehörig betrachtet. Die Gewinnung des alternativen Brennstoffs zielte auf die Bekämpfung der wachsenden Holzknappheit, indem feuerunterhaltende Gewerke wie Schmiede, Seifensieder, Färber, Töpfer, Ziegel- oder Kalkbrenner zum Steinkohlengebrauch angehalten wurden. Schon vor Bieners Abbauprivileg mag die anfangs bäuerliche Kohlengräberei tatsächlich begonnen haben, worauf auch der um 1500 einsetzende, gezielte Erwerb der im Zentrum der Lagerstätte gelegenen Güter Burgk, Zauckerode, Döhlen und später auch Potschappel durch Erzbergbau-Beteiligte oder Dresdner Handels- und Ratsherren hinweist. Einzig die auf dem 1485 ersterwähnten Vorwerk Kohlsdorf kohlebauende Familie Brendel scheint sich nicht in jenes frühkapitalistische Schema einzufügen. Zudem lässt die Erwähnung dieser Steinkohlenvorkommen durch den bekannten Mineralogen und Arzt Georgius Agricola (1494–1555) in dessen 1546 erschienenem Werk »De natura fossilium libri X« bereits auf einen gewissen Umfang und Bekanntheitsgrad sowie auf einen längeren Bestand der Gruben schließen. Mit Kurfürst August von Sachsen (1526–1586) trat 1571 erstmals ein Landesherr persönlich in den Steinkohlenbergbau des Reviers ein und ließ anfangs in Burgk, später auch in Potschappel, Kohlsdorf, Pesterwitz und Döhlen, fiskalische Gruben betreiben, deren Kohlenförderung neben dem Verkauf u. a. auch direkt kurfürstlichen Salzsiedereien oder der Ofenheizung seines Schlosses Augustusburg dienten. Nachdem sich der Kurfürst 1577 das gesamte Kohlenvorkommen der Lagerstätte angeeignet hatte, begann ein erbitterter Kampf um die Kohlenbaurechte zwischen den dadurch von wirtschaftlichem Abstieg bedrohten Grundherrschaften und dem Landesherrn. Die Ansprüche des Letzteren auf die Steinkohle seiner Untertanen wurden schließlich 1612 mit zwei Berggerichtsurteilen zurückgewiesen, und den auf Steinkohle bauenden Grundbesitzern wurde das Recht auf freie Bergbauentfaltung unter ihren Gütern zurückgegeben. JP Früher Steinkohlenbergbau Abb. 1 Münzmeister Hans Biener empfängt 1542 das Steinkohlen-Privileg von Herzog Moritz (Ausschnitt) · Gemälde von Franciscus Effendi (*1960), 1998, V/24/37/K
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