21 Druckgrafik auf Postkarten Neben dem raschen und spontanen Arbeiten mit Stift und Pinsel griff Heckel erstmals 1910, dann verstärkt in den Jahren 1912 bis 1915, die ihm vertraute Technik des Holzschnitts auf. Dabei verwendete er meist kurz zuvor geschaffene Holzstöcke und druckte diese auf Blanko-Postkarten ab. Aufgrund des knappen Formats musste er in den meisten Fällen einen Ausschnitt wählen, wodurch das Motiv eine neue Wirkung gewann, z. B. bei der Karte Kopf von 1910. Im Unterschied zum ursprünglichen Holzschnitt Zwei Köpfe von 1909 erfuhr die Darstellung eine Monumentalisierung. Anders als bei den eigens für die Postkarten geschaffenen singulären Zeichnungen konnte Heckel dank der drucktechnischen Vervielfältigungsmöglichkeiten mehrere Abzüge vom gleichen Stock herstellen, so etwa bei den Karten Kniende Frau von 1913 an Franz Marc und Gustav Schiefler. Diese Methode kam vor allem während der Kriegsjahre zum Einsatz – aus dieser Zeit haben sich fast ausschließlich Holzschnitte auf Karten erhalten. Im Zuge seiner Tätigkeit als Sanitäter in Flandern von 1915 bis 1918 konnte er zwar weiterhin künstlerisch arbeiten, Aquarelle und Zeichnungen traten aber in den Hintergrund, während Malerei und Druckgrafik weiterhin entstanden.10 Die erhaltenen Holzschnitt-Feldpostkarten stammen gleichwohl vom Heimaturlaub in Berlin, bei den bekannten Feldpostbriefen aus Ostende existiert nur ein Holzschnitt-Exemplar. Beide Medien wurden als offizielles Kommunikationsmittel in der Kriegszeit portofrei befördert. Heckels Eindrücke und Erfahrungen des Krieges mündeten in die Wahl der Motive und Themen: Verwundete, Gefallene, Szenen mit religiöser Symbolik, z.B. im Ausschnitt aus dem Triptychon Barmherziger Samariter von 1915. Obgleich von der Obersten Heeresleitung Zensur drohte, wurden seine Karten trotz ihrer Sujets von Leid und Tod offenbar problemlos befördert. Eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielten die übrigen Drucktechniken; während nur eine Radierung auf Postkarte von 1914 bekannt ist, fertigte Heckel in den frühen 1920er-Jahren kleine Motiv-Serien im Medium der Lithografie: Die Kartenfolge Segelboot (S. 307–309), die er zum Jahreswechsel 1922/23 verschickte, nimmt die Idee der ab 1930 angefertigten Jahresblätter11 vorweg. Auch im Spätwerk kamen vereinzelt Lithografien zum Einsatz. In Karten wie Kopf eines Clowns von 1946 oder Hockender Akt von 1958 (S. 344) manifestiert sich durch die extreme Fokussierung auf knappe Bildausschnitte eine überraschende eigenständige Wirkung. Kopf eines Clowns, 1946 Barmherziger Samariter, 1915
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