Leseprobe

23 Ausklang Gegen Ende der 1920er-Jahre widmete sich Heckel nur noch ganz sporadisch diesem Kommunikationsmittel; die wenigen Karten bis 1965 sind hinsichtlich Motivik und Technik heterogen. Signifikant ist die Häufigkeit der von Siddi verfassten Nachrichten mit eher brieflichem Charakter sowie das Verschicken der Karten im Kuvert. Für die letzte bekannte Kartensendung 1975, fünf Jahre nach Heckels Tod, verwendete sie ein postkartengroßes Aquarell von 1953 für ihre Mitteilung an einen Kunsthändler (S. 352). Hierbei handelt es sich nicht um eine Postkarte im eigentlichen Sinn. Vielmehr wurde ein bereits vorhandenes Werk aufgrund seines Formats zur Postkarte erklärt, ähnlich dem Blumengruß für Luise Schiefler von 1966, der aus einem Aquarell-Ausschnitt von 1944 hervorging (S. 349). Die zahlenmäßig kleine Werkgruppe der unbeschriebenen Postkarten – nachweislich 17 Arbeiten von 1914 bis 1930 – entspricht nicht der eigentlichen Intention des Mediums, da sie nicht verschickt wurden. Entweder fehlte der passende Anlass oder Heckel wollte sie als Vorstudien nutzen, und so bildete sich ein gewisser Vorrat, auf den Siddi in der Spätzeit zurückgreifen konnte. Beispielhaft für den großen zeitlichen Abstand zwischen Herstellung und Versendung ist die Karte mit dem Holzschnitt Weibliche Akte von 1919, die erst 1969 zum Einsatz kam. Von Erich Heckel sind bislang 234 bemalte, gezeichnete und bedruckte Postkarten und Briefe bekannt. Die ursprüngliche Anzahl dürfte größer gewesen sein. Zahlreiche Karten, die sich heute in Museumsbesitz befinden, sind durch die Empfänger dorthin gelangt, z. B. aus dem Nachlass von Rosa Schapire, der auf mehrere Museen in Deutschland, England und Israel verteilt wurde. Den größten Bestand an bemalten Postkarten von Erich Heckel besitzt das Altonaer Museum in Hamburg mit seinem Sammlungsschwerpunkt zur Kunst der Postkarte. 1964 hatten Erich und Siddi Heckel eine große Anzahl der in ihrem Besitz befindlichen eigenen Karten – sowie Briefe und Karten von ihren Künstlerfreunden – dorthin gegeben; bis 1973 erfolgten weitere Zustiftungen. In diesem Jahr zeigte das Altonaer Museum anlässlich des 90. Geburtstags Erich Heckels dieses umfangreiche Konvolut erstmals in einer Ausstellung.12 Weibliche Akte, 1969 12 Ausst.-Kat. Erich Heckel, Gemälde, Aquarelle, Graphik, Jahresblätter, gemalte Postkarten und Briefe aus dem Besitz des Museums, Altonaer Museum, Hamburg 1973.

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