Leseprobe

90 Kabinettstücke Die fast sagenhafte Bilderflut des niederländischen 17. Jahrhunderts ergoss sich zum großen Teil in kleinen und kleinsten Formaten in die bürgerlichen Wohnhäuser. Bekannt sind die vermutlich übertriebenen Schilderungen von Reisenden, die Gemälde noch in den profansten Zweckräumen fanden. Später kristallisierte sich der Gegensatz zwischen den gewaltigen Werken der klassischen italienischen Meister und den kleinen holländischen Gemälden noch stärker aus, sodass sich fürstliche Sammlungen in große Galerieräume für jene und danebenliegende Kabinette für diese strukturierten. Die Bildergalerie von Sanssouci ist ein einprägsames Beispiel. Der Herrscher des wirtschaftlich weniger potenten Mecklenburgs konzentrierte sich von vornherein auf die preiswerteren Niederländer, sodass der Anteil an Kabinettstücken im Schweriner Gemäldebestand besonders hoch ist. Sie werden in ihrer Themenfülle in einem eigenen Saal vorgeführt. Dabei wird nicht zwischen flämischen und holländischen Werken getrennt, eine Trennlinie, die erst durch die Nationenbildung im 19. Jahrhundert gezogen wurde. Zu den kleineren Formaten gehören auch die kostbarsten Stücke der Sammlung, etwa die weltberühmte Torwache von Carel Fabritius. Mit ihrer rauen Malweise entsprach sie aber dem Geschmack des 18. Jahrhunderts viel weniger als die entzückende Dame am Cembalo. Mit dem Preis von 3 000 Gulden war diese kleine Tafel des Feinmalers Frans van Mieris das teuerste Gemälde, das Herzog Christian Ludwig je erwarb. _GS 11

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1