Leseprobe

94 Frans van Mieris d. Ä. (1635–1681) Dame am Cembalo, 1658 Öl auf Holz, 31,6 × 24,9 cm Inv.-Nr. G 82 Eine junge Dame steht versunken am Cembalo. Neben ihrem Instrument erscheint ein Herr, der eine Laute spielt. Während vom umgebenden Raum nicht viel zu sehen ist, werden die Betrachtenden von dem prachtvollen Gewand der Dame gefesselt. So in sich gekehrt jede einzelne Figur ist, so schwelgerisch erscheint die Farbigkeit, die zugleich von äußerster Finesse ist. Die Stille des Moments, die Köstlichkeit der Darstellung, die Flüchtigkeit des festgehaltenen Augenblicks können ohne Weiteres mit ähnlich idealisierten Interieurs kultivierter Interaktion in gleichzeitigen Werken Gerard ter Borchs verglichen werden oder mit solchen Johannes Vermeers aus den 1660er- und 1670er-Jahren. Das Werk erweckt das Gefühl höchster Eleganz, die zum stillen Schauen einlädt – eine eigenartige Analogie zu der Weise, in der man der Musik des Paares lauschen würde, wäre es nicht gemalt. Doch wie das Bild gemalt ist, das wird in keiner Weise mitgeteilt. Frans van Mieris, der bedeutendste Meister der Leidener Schule, lässt nirgendwo Spuren der Pinselarbeit erkennen. Der Akt der Erzeugung dieses köstlichen Wunderwerks bleibt dem Publikum verborgen. _GS

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