Leseprobe

119 Scherenschleifer bei der Arbeit, etwa 1710–1720 Goldschmiedearbeit: Johann Heinrich Köhler (1669–1736) Elfenbeinschnitzerei: wohl Dresden Elfenbein, Silber, vergoldet, emailliert, Barockperle, Diamanten, Farbglas, Holz Inv.-Nr. KH 1914 Johann Heinrich Köhler, Hofjuwelier Augusts des Starken in Dresden, schuf eine Reihe solch virtuos gestalteter Schatzkunststücke. Die jedoch von anderer Hand gefertigte Elfenbeinstatuette zeigt einen Scherenschleifer. Vertreter dieses Gewerks mussten als Hausierer umherziehen und ihre Dienste anbieten, um den kargen Lebensunterhalt zu verdienen. Schon im 16. und 17. Jahrhundert sind ärmlich und bizarr geschilderte Straßenhändler vor allem in der Grafik verbreitet. Im Barock entwickelte die höfische Gesellschaft ein verklärendes Interesse am einfachen Volk. Um das festgefügte Zeremoniell zeitweilig zu lockern, verkleidete man sich bei großen Festen in sogenannten Wirtschaften als Handwerker*innen, Bauern und Bäuerinnen oder Gärtner*innen. Die Juwelierplastiken, die eine Fülle von edlen Materialien und Techniken vereinen, fanden Eingang in die fürstlichen Schatzkammern, wo Spiegel ihre prächtige Wirkung steigerten. Einen Nachhall fand dieser Themenkreis wenig später in zahlreichen, ebenfalls vielfarbigen Statuetten von Handwerker*innen und Händler* innen aus Meissener Porzellan. _KAM

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