36 Bedeutung gehabt wie bei Corinth.«3 Dabei stand er 1920 längst am Gipfel seines Erfolgs. »Sein Name wurde für Berlin so populär«, erinnerte sich die Familie, »daß sehr häufig ein schwieriges Wort am Telefon buchstabiert wurde: ›C‹ wie Corinth« (Kat. 16)4 – das »C« als Synonym für den stadtbekannten Maler, der unermüdlich an seinem Werk arbeitete. Auf einem Gemälde aus dem Jahr 1914 gibt Corinth Einblick in sein Atelier in der Berliner Klopstockstraße, wo sich auch die Wohnräume der Familie befanden (Kat. 134). Im Dreiviertelporträt blickt er aus dem Bild, gekleidet im Malerkittel. Die farbbewehrte Palette hält er in der einen Hand, den an die Leinwand gesetzten Pinsel in der anderen. Im Hintergrund staffeln sich auf dem Boden weitere Gemälde. Ein Widderschädel als Requisite wie als Memento mori fehlt nicht. Das Selbstbildnis, das Corinth um 1878 in ein Skizzenbuch zeichnete, ist eines seiner frühesten Selbstzeugnisse.5 Der 20-Jährige war damals Kunststudent an der Königsberger Akademie. Das Blatt, das später aus der Bindung herausgelöst wurde, konnte von Sebastian Schmidt im Regensburger Skizzenbuch II verortet werden (Kat. 17).6 Über dem nur schemenhaft angedeuteten Oberkörper ist das Gesicht mit dem Vollbart und den wachen Augen mit suchendem Strich möglichst korrekt herausgearbeitet, ebenso wie die rechte Hand. In seiner Selbstwahrnehmung als angehender Künstler gibt sich Corinth zeichnend. Die Sicht auf die Welt ist so ungetrübt wie der Wille zum Erfolg. Leben und Werk – »Die Lebenstatsachen« 7 Corinths Karriere als Akademiker und Künstler war durchaus nicht zwingend vorgezeichnet. Aus einfachen Verhältnissen kommend, wird er 1858 im kleinen Städtchen Tapiau in Ostpreußen geboren. Ab 1866 darf Franz Heinrich Louis Corinth, der sich später Lovis Corinth nennen wird, das Kneiphöfische Gymnasium in Königsberg besuchen. Von 1876 bis 1880 studiert er an der dortigen Kunstakademie. 1880 wechselt er an die Akademie in München. Auslandsstudien absolviert er 1884 in Antwerpen und von 1884 bis 1887 in Paris an der Académie Julian. Nach kurzen Stationen in Berlin und Königsberg ist er ab 1891 als freischaffender Künstler in München 3 Rohde 1941, S. 76. 4 Corinth 1990, S. 152, zit. nach einem Text von Thomas Corinth. 5 Das erste entstand 1873; vgl. Corinth 1926, Abb. bei S. 60. 6 Best.-Kat. Regensburg 2025, S. 11 ff. und Skizzenbuch II. – Vgl. Ausst.-Kat. Bremen 1975, Kat.-Nr. 4, S. 44, Abb. S. 105.; vgl. Stilijanov-Nedo 1993, S. 56 f. Kat. 15 Lovis Corinth Tod und Künstler (Selbstbildnis) Blatt 1 der Mappe: Totentanz (Müller 546) 1920–1922, Radierung, Kaltnadel, Vernis Mou, 24 × 17,8 cm (Platte), 30,2 × 24,3 cm (Blatt) Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Inv.-Nr. 18796.1
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