Leseprobe

57 Skizzenbuch II Einband vorn Spiegel vorn | B 1 r 1 Weitere Blätter wohl in Ausst.-Kat. Bremen 1975, Nr. 5–8, hier: Nr. 4. 2 Zusammen mit dem Skizzenbuch wurde das sogenannte Kegel-Album der »Club-Mitglieder Semester 83/84« (Kegelclub München) aus Corinths Münchner Zeit erworben. Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Inv.-Nr. 18977. Siehe Ausst.-Kat. Regensburg 2025/26, Nr. 40. 3 Thomas Corinth, New York, Schreiben vom 22. 11. 1981 an Dr. Ernst Schremmer, Esslingen. Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Archiv. Thomas Corinth hatte das Anbringen des »offiziellen Stempel[s]« unter anderem in diesem Schreiben als Option angeboten. 4 Bei Skizzenbuch I, B 0 / 0 v, ist es denkbar, dass der unsignierte Kompositionsentwurf zum Gemälde Angst (BC 984) aufgrund seiner bildmäßigen Anmutung vom Zoll als Vorderseite angesehen wurde. 5 B 16 v. 6 B 24 r. 7 B 16 r, 21 v, 23 v–24 v. 8 B 17 v, 15 v. 9 B 1 r/v, 5 r. 10 B 2 r, 12 r, 14 r, 27 v, 37 r. 11 B 14 r, 18 r, 23 r. 12 B 10 r, 42 v. 13 B 5 r, 25 r/v, 26 r/v. 14 B 25 v, 26 r, 31 v. 15 Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Inv.-Nr. 19065. Siehe Ausst.-Kat. Regensburg 2025/26, Nr. 3. 16 B 7 r, 15 r, 39 r. 17 B 2 r, 3 r, 11 r. 18 B 15 r. 19 B 27 v, 29 v. 20 B 2 r, 3 r, 4 r, 6 r. 21 B 36 v. Die Datierung der Landschaftsstudie in das Jahr 1879 erlaubt es, auch dieses Skizzenbuch am Beginn von Corinths künstlerischer Tätigkeit zu verorten. Soweit die Motive eine solche Zuordnung erlauben, könnten alle der enthaltenen Skizzen während seines Studiums an der Königsberger Akademie, das heißt bis zum Frühjahr 1880, entstanden sein. Eine eigenhändige Bezeichnung wie »Studien aus d. Modellklasse«5 verweist ebenso wie die relativ große Zahl an Aktdarstellungen auf den Kontext der akademischen Ausbildung. Der in Untersicht gezeigte männliche Akt in der Pose des Gekreuzigten6 lässt die Übung als Zweck der Zeichnungen ebenso erkennen wie die kurzen Serien mit Modellen in verschiedenen Posen,7 aber auch der Einsatz einfacher Stecken und Schemel, welche die Körperhaltungen motivieren.8 Daneben enthält das Skizzenbuch II jedoch auch lebensnahe Figurenstudien mit Szenen, die sich in einem Wirtshaus oder in einer Schule zugetragen haben könnten.9 Menschen in alltäglichen, bewegungsarmen Situationen erkannte Corinth immer wieder als Gelegenheit, sich im Zeichnen zu üben.10 Bisweilen haben diese Figurenstudien Porträtcharakter 1 1 oder sind wie sein Vater Heinrich und ein Herr »Katzmann« durch Beschriftung eindeutig als Bildnisse ausgewiesen.12 Neben dem Körper und der Physiognomie des Menschen befasste sich der Künstler im Skizzenbuch II auch mit der Darstellung von Tieren: Auf der Weide und im Stall beobachtete er Kühe und Pferde.13 Zudem studierte er Schweine und Hunde in unterschiedlichen Körperhaltungen.14 Das kleinformatige Gemälde Kuhstall von 1879 (BC 2) steht mit diesen Skizzen ganz offensichtlich ebenso in Beziehung wie die Im Kuhstall genannte Feder- und Pinselzeichnung im Bestand des Kunstforums Ostdeutsche Galerie (Abb. 1).15 Rund ein Jahrzehnt später schuf Corinth zwei Ölskizzen von Schweinen (1889, BC 65, 66) sowie das Gemälde Der verlorene Sohn (1891, BC 81), das ebenfalls Schweine beim Fressen zeigt. Angesichts des zeitlichen Abstands verwundert es allerdings nicht, dass die Schweinestudien im Skizzenbuch II nicht unmittelbar als Vorarbeiten zu diesen Werken gelten können. Darüber hinaus weist das Skizzenbuch II eine ganze Reihe Landschafts-16 und Interieurstudien17 auf, die wie die »Frische Nehrung«18 wohl ausnahmslos der Küstenregion um Königsberg zuzuordnen sind. Akribisch hielt Corinth landwirtschaftliches Gerät in Zeichnungen fest.19 Ebenso belegen Studien von Fischerkähnen (»Keitel«) und einem speziellen Stellnetz zum Fang von Flundern (»Zeise«) ein besonderes Interesse des Künstlers an der Lebenswirklichkeit der Küstenbewohner.20 Als bildmäßiger Entwurf stellt demgegenüber das kleine Querformat mit sitzendem Faun und Frosch eine Ausnahme innerhalb des (erhaltenen) Skizzenbuches II dar.21 Da sich dennoch keine Anhaltspunkte finden, die eine spätere Datierung einzelner Zeichnungen nahelegen, spricht alles dafür, dass Corinth das Skizzenbuch II ausschließlich während seiner Königsberger Zeit um das Jahr 1879 verwendet hat.

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